Ich ging mit meinem Schatten spazieren. Es war kurz vor ein Uhr, die Sonne stand im Zenit.
Mein Frühstück lag mir schwer im Magen. Die Zeit war in der Nacht für den Sommer umgestellt worden.
Schleppend schienen die Stunden an diesem Tag voranzuschreiten.
Kaum hatte ich den Dorfkern verlassen und rechts an der alten Feuerwehrswache, einem rotes Backsteingebäude mit Turm und einem Weiher, abgebogen; fühlte sich meine gesamte Existenz im Angesicht der weiten Landschaft auf einen winzigen Punkt komprimiert. Außer ein paar Windräder war nichts aufregendes, welches mich von meiner eigenen Person hätte ablenken können, zu erspähen; nur grüne unter braunen unter blauen Streifen der weiten Ackerfelder.
Mein Schatten verfolgte mich. Wie ich mich auch zur Sonne drehte, er wich nicht von meiner Seite; nur ab und zu geriet er ins Schwanken, wenn er über hügelige Acker schlich.
Ich rannte, blieb stehen, aber die Vergangenheit blieb haften, die schattenhaften Bilder, die mich aus der Gegenwart hinfort zu reißen schienen.
Dunkel war sie, wie es auch Schatten unweigerlich an sich hatten. Und doch fragte ich mich, ob diese der Wahrheit entsprach.
Wo waren sie dann, die schönen Erinnerungen?
In welchem Winkel meines Schattens hatten sie sich versteckt?
Und wer war dieser Schatten?
Meine Schritte beschleunigten sich, bogen nach rechts vom Feldweg ab und schritten geradewegs auf einen einsam abgelegenen Heuballen zu.
Jetzt, mit der Sonne im Rücken, ragte mein geschwärztes Abbild bedrohlich vor mir auf und lief mir voraus, als wollte es mir den Weg aufzeigen.
Es blieb keine weitere Möglichkeit, als still zu folgen.
Wir erreichten den prallen Ballen und mit jedem Schritt, fing mein Schatten, von der Kopfspitze angefangen, in die Senkrechte der gelben Strohwand zu wachsen, bis uns nur noch Millimeter trennten.
Da waren wir nun, die Gegenwart und die Vergangenheit auf Augenhöhe und jeder schien abzuwägen, ob er das Spiel gewinnen würde.
Und trotz Kräftemessen waren wir eins, ich sah die gleichen geflochtenen Zöpfe über beiden Ohren stehend, die rechte Hand, welche sich wie zum Gruß erhob und schnell wieder senkte, den Umriss des blauen Wollmantels.
Ich sah weg. Auf dem Rückweg blendete die Sonne mich heiß auf dem Gesicht.

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